3. Aufwärmen in Tunesien
Tunesien ist im Gegensatz zu Libyen ein vergleichsweise westliches Land. Dennoch gefällt uns so frisch angekommen das Treiben .
Nachdem die ersten afrikanischen Eindrücke verarbeitet sind (totales Bürokratie-Chaos im Hafen, vor Begeisterung hinter uns herrufende und -pfeifende Einheimische, arabisch beschriftete Zapfsäulen...), machen wir uns auf, einen Bekannten und Kunden im nahegelegenen Nabeul zu besuchen. Auch er besitzt zwei Kübelwagen.
In den nächsten Tagen erforschen wir zunächst die Cap Bon-Halbinsel. Diverse Spuren punischer und römischer Vergangenheit sind hier zu sehen. Und es bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, die Geländetauglichkeit unseres Reisemobils zu testen. Verbotsschilder gibt es nirgends, zahlreiche Schotterwege locken.
Ideale Testbedingungen bietet ein Strand mit vorgelagertem Dünengürtel. Schon nach wenigen Metern Sand bleiben wir stecken. Erstmals kommen Wagenheber und Sandbleche zum Einsatz.
Mit stark erniedrigtem Reifendruck schließlich düsen wir nur so durch und über die Dünen. Sagenhaft, wie unerwartet sandtauglich der Kübelwagen dadurch wird!
Als weiteres kulturelles Highlight hat das Hinterland römische Spuren in Form eines römischen Aquädukts zu bieten, das bis zum 12. Jahrhundert über tausend Jahre lang die Küstenregion mit Wasser versorgt hat!
Durchs zentraltunesische Bergland mit Zwischenstop in Kairouan geht's weiter nach Südwesten. Sbeitla, eine weitere römische Ausgrabungsstätte liegt am Wegesrand. Kaktushecken liefern sicht- und windgeschützte Nachtlagerplätze.
In Gafsa entdecken wir ein Internet-Cafe! Leider ist es aufgrund technischer Schwierigkeiten gerade nicht möglich, eine E-Mail in die Heimat abzusetzen.
Am Chott el Jerid schnuppern wir erstmals Wüstenatmosphäre. Über 30 Grad, bolzengerade Straße, schier endlose Weite.
Jenseits des Chott werden wir auf der Suche nach dem richtigen Weg von Einheimischen zur Grillparty eingeladen. Mit fortschreitender Stunde und zunehmendem Alkoholspiegel wächst bei manchen auch die Aggressivität, die schließlich fast in einer Messerstecherei, jedenfalls aber in einer Schlägerei endet. Wir halten uns raus und können unbeschadet weiterreisen.
Um die anstehenden Geländestrecken besser bewältigen zu können, beschließen wir, das Auto an der Hinterachse etwas höherzulegen. Die schwere Beladung läßt es ganz schön "durchhängen". Dazu müssen die Federschwerter und -stäbe ausgebaut und gegeneinander verdreht werden. Eine Aktion von etwa zwei Stunden Dauer.
Dann geht's auf Piste!
Mitten in der Halbwüste treffen wir eines Abends eine Gruppe junger Leute, die reichlich ratlos um ihren – nach deutschen Begriffen längst schrottreifen – Peugeot 404 herumstehen. Mein Reisekumpel Borko, der sich beruflich bedingt auch mit anderen Autos gut auskennt, stellt schnell fest, daß ein vor Ort irreparabler Schaden an der Kardanwelle vorliegt.
Wir schleppen den betagten Franzosen also rund 30 km über die Piste bis zur nächsten Stadt. Zum Glück für den Besitzer funktionieren die Bremsen, sonst wäre sein Auto womöglich an der verstärkten Kübelwagen-Stoßstange zerschellt.
In Ben Guerdane, wenige Kilometer von Libyen entfernt, bleiben wir zwei Tage bei einer einheimischen Familie. Das Oberhaupt spricht radebrechend deutsch, wir radebrechend arabisch, was zu einem ungewollt humoristischen Sprachen-Mischmasch führt. Das Lieblingswort unseres Gastgebers ist "normalerweis", das er nach Kräften, aber meistens völlig unpassend anwendet. Wir lernen unter anderem das Wort "kifkif", das soviel wie "gleich" oder "egal" bedeutet, und das wir bewußt ebenso häufig und unpassend benutzen.
Die Unordnung und die miserable Arbeitsmoral in dieser Familie gehen uns schließlich so auf die Nerven, daß wir weiterreisen. Tja, deutsche und tunesische Lebensart normalerweis nix kifkif!
Zuvor jedoch nutzen wir die Gelegenheit, um über diese Leute zu günstigem Kurs libysche Dinar zu erwerben, ohne übers Ohr gehauen zu werden.