Pyrenäen 2001

Auch ein schönes Gebirge
statt immer wieder Alpen


3. Von Ost nach West

Orchidaceae
Orchidaceae

Die Vegetation und das Wetter haben sich radikal geändert. Alles ist saftig grün hier, unter anderem sieht man Bananenstauden und wild wachsende Orchideen, und es ist ziemlich regnerisch.

Wegen des Wetters nehmen wir das Mittagessen ausnahmsweise mal in einer Pizzeria ein. Und widmen uns unterirdischen Sehenswürdigkeiten, nämlich den Grotten von Isturits und Oxocelhaya. Mit riesigen Tropfsteinen in Form von Vorhängen, Säulen, Tüchern, Blumenkohl und Wasserfällen. Außerdem können ca. 19.000 Jahre alte, menschliche Wandmalereien bewundert werden. Leider besteht Fotografierverbot!

Zügig fahren wir weiter ostwärts zu den Schluchten der Haute Soule und von Kakouéta, vergeblich hoffend, dort besseres Wetter zu finden. Parallel zur Schlucht führt ein mittelschweres Schottersträßchen hinauf.

Verschlammter Weg an den Gorges de Kakouéta
Verschlammter Weg an den Gorges de Kakouéta
Bemoostes Wurzelwerk
Bemoostes Wurzelwerk
Sterbliche Überreste eines Gauls mitten auf dem Weg
Sterbliche Überreste eines Gauls mitten auf dem Weg

Tal- bzw. Schluchtblicke gibt's wegen urwaldartiger Vegetation kaum. Erst kurz vorm Grenzkamm lichtet sich das Dickicht.

Bis Arette geht's nun glücklicherweise fast nur bergab, so daß wir mit den letzten Tropfen Sprit eine Tankstelle erreichen. Weiter über Arudy und St. Pé ins weltberühmte Lourdes.

Der Legende zufolge hatte an einer Grotte nahe Lourdes das Hirtenmädchen Bernadette im Jahre 1858 eine Erscheinung Mutter Gottes. Innerhalb von einigen Jahren entwickelte sich das Städtchen daraufhin zu einem Wallfahrtsort, zu dem inzwischen jährlich einige Millionen(!) Genesung- und Gesundheitsuchende pilgern.

Im Vorbeifahren staunen wir über Tausende von Besuchern aus aller Welt, Hunderte von Hotels mit „heiligen“ Namen, ganze Straßenzüge mit Souvenirläden, wo heilendes Wasser aus der Grotte, Kerzen in allen erdenklichen Variationen und Kitsch hoch 10 erhältlich ist. Vor lauter Schreck vergessen wir, Fotos zu machen.

Über Lannemezan, St. Gaudens und St. Girons kommen wir schnell weiter nach Osten voran, das nach wie vor schlechte Wetter lädt nicht zum Verweilen ein.

Grotte du Mas d'Azil
Grotte du Mas d'Azil

Durch eine der zahlreichen Grotten führt die Straße mittendurch!

Die Höhlenmalereien in den Grotten von Niaux zählen nach Expertenmeinung zu den bedeutendsten der Welt. In einer kleinen, geführten Gruppe von nur sieben Leuten, jeder mit einer Handlampe ausgerüstet, dringen wir etwa 800 m in das Höhlensystem vor. Es gibt sonst keine künstliche Beleuchtung. Engste Durchgänge wechseln mit riesigen Sälen ab. Schließlich sind wir in einem fast kreisrunden Raum, wo uns die Führerin einige Malereien erklärt, die meist Bisons und Pferde zeigen. Auch hier strenges Fotografierverbot, um die Malereien zu schonen.

www.niaux.net (französisch)

Heute nacht endlich mal wieder trockenes Wetter, so daß auch „Ralfs Outdoor-Bar“ wieder öffnen kann.

Von meinem Bruder erfahre ich, daß die USA mobil machen – offensichtlich gegen die Taliban, bei denen sich Terroristen-Anführer Bin Laden versteckt hält. Ein Flächenbrand ist nicht mehr zu befürchten. Strengste Sicherheitsvorkehrungen gelten im Flugverkehr und anderen sensiblen Bereichen. Im Großen und Ganzen glätten sich die allerhöchsten Wogen der Panik aber langsam wieder.

Wir kommen nun in eine Gegend, in der die Katharer – eine von der katholischen Kirche abtrünnige Glaubenssekte – sich auf der Flucht vor der Inquisition im 13. Jahrhundert in zahlreiche Burgen zurückzogen, die sich meist auf Berggipfeln befinden und daher weithin sichtbar sind.

Pyrenäenburg Montsegur
Pyrenäenburg Montsegur

An Montsegur – einer der bedeutendsten – vorbeifahrend erreichen wir das nächste interessante Ziel.

Die Source de Fontestorbes ist eine der seltenen sogenannten periodisch intermittierenden Quellen. Im Rhythmus von einer Stunde versiegt sie allmählich fast und schwillt dann wieder an. Und das schon seit Jahrhunderten – außer im Winter und Frühjahr, wenn die Wassermenge zu groß ist.

Viel Wasser
Viel Wasser
Wenig Wasser
Wenig Wasser

Ursache dafür ist wahrscheinlich ein vom Wasser durchflossenes Höhlensystem, das einen zunächst aufwärts führenden Abfluß hat, der sich periodisch entleert. http://webworld.unesco.org/water/ihp/db/glossary/glu/ZZ/GP0691.HTM

Borko und ich verabschieden uns nun für zwei Tage von „GoHaMo“, weil diese noch ein bißchen Zeit am Meer verbringen, wir indes lieber in den Bergen bleiben wollen.

Puilaurens ohne Borko
Puilaurens ohne Borko
Puilaurens mit Borko
Puilaurens mit Borko
Gorges de St. Georges
Gorges de St. Georges

Wir beide fahren weiter über Quillan zum Chateau de Puilaurens, einer weiteren Katharerburgruine, die wir uns aus der Nähe anschauen.

Citroën HY
Citroën HY

Bei der Weiterfahrt durch einige Schluchten entdecken wir zwischendurch Überreste französischen automobilen Kulturguts: einen Citroën HY, der momentan als Holzlager dient.

Nach jedem überwundenen Bergkamm wird es eine Spur mediterraner. Wir machen's uns nicht zu leicht mit dem Vorankommen nach Osten, indem wir auf der Landkarte dünne, schwarze Linien aussuchen und versuchen, den entsprechenden Fahrwegen durch die Berge zu folgen. Viele Sackgassen und Umwege müssen bezwungen werden.

Eine schwarze Linie auf der Karte
Eine schwarze Linie auf der Karte
Die Linie wird sehr dünn hier
Die Linie wird sehr dünn hier
???
Gar keine Linie mehr

Irgendwann sind wir wieder auf breiten, weißen, teils sogar gelben Linien, die dafür erneut durch enge Schluchten führen – falls man noch einen Abstecher zum Chateau de Peyrepertuse machen will.

Gorge de Galamus
Gorge de Galamus
Peyrepertuse
Peyrepertuse

Dieses ist noch etwas hübscher gelegen und größer als die vorherigen und noch folgenden Katharerzufluchten am Wegesrand.

Nur noch wenige km auf jetzt bolzengeraden Straßen sind es bis zur Küste, wo wir an derselben Stelle wie vor gut zwei Wochen übernachten und die anderen Kübelfahrer wiedertreffen wollen. Denen kommen wir sehr gelegen, weil gerade ein Mercedes-Bus von zwei Wuppertalerinnen aus dem weichen Sand gezogen werden muß.

Alle zusammen feiern wir abends Abschied von den Pyrenäen.

Vorletztes und windigstes Freiluft-Nachtlager
Vorletztes und windigstes Freiluft-Nachtlager

Nach sehr windiger Nacht und windigem Frühstück geht's schnurstracks nach Nordosten. Bei Orange geht's von der Autobahn weg nach Norden durch die provencalischen Voralpen bis zu einem Dörfchen bei Montauban sur Ouveze, wo Marie-Annick und Karl, die wir vom 11. September kennen, einen Bauernhof betreiben. Ein uraltes, urgemütliches Gemäuer. Leider schon wieder keine Fotos, weil meine Kamera beim Herunterfallen beschädigt wird. Bei der nächsten Reise wird nicht wieder mit Fotos gegeizt – versprochen!

Am nächsten Morgen starten wir mit Eiltempo bei heftigem Dauerregen (wie könnte es anders sein, wenn man wieder nach Deutschland kommt?) zur letzten Etappe über Grenoble, Genf, Bern, Bregenz bis nach Hause. Zum Glück ohne dritten Weltkrieg.